Houellebecqs neuer Roman “Serotonin” ist heftig umstritten. Ist der französische Autor ein rechter Denker? Ich habe ihn 2015 getroffen und versucht, diese Frage mit ihm zu klären.
Ab und an kommt grollendes Husten aus dem Orakel. Tief aus seinem Inneren. Man ist ganz erstaunt, welch körperliche Tiefe dieser Mann hat, der vor einem sitzt wie sein eigenes Abziehbild: fahles Gesicht, dünnes Haar, verwaschener Blick. Michel Houellebecq wirkt in der Öffentlichkeit immer ein bisschen wie der Kassenwart eines Kleingartenvereins auf einer Swinger-Party.
Es gab eine Zeit, da ist er in Paris immer auf solchen Veranstaltungen herumgestromert. Kein Milieu kann schäbig genug sein für diesen Ethnologen, dessen Forschungsgebiet die Tristesse der Moderne ist. Über einem Irgendwas-Hemd trägt er eines seiner legendären Jeanshemden. Vielleicht ist es das Jeanshemd. Vielleicht gibt es nur eines, kann gut sein, denn dieses Hemd ist ziemlich fleckig. Zahnpasta, Mayonnaise, schwierig zu erkennen – auch darüber wird sich die Kritik beugen müssen, denn an Michel Houellebecq ist inzwischen alles Zeichen, schwierig zu deuten allerdings, denn absichtlich lässt er sich verschwimmen in einem Flirren aus Ironie, Schüchternheit und Provokation.