Tonou Mbobda aus Kamerun suchte Hilfe im Hamburger Universitätsklinikum Eppendorf und fand den Tod. Das Sicherheitspersonal soll ihn brutal misshandelt haben – höchtswahrscheinlich aus rassistischen Motiven
Sonntag, 28.04.19, 11 Uhr morgens. Es regnet in Hamburg. Aber Regen kümmert hier jetzt niemanden. Im Raucherbereich auf dem Gelände vor der psychiatrischen Klinik im Universitätsklinik Eppendorf versammeln sich immer mehr Menschen. Auf dem Boden sind Blumen, Kerzen und Briefe zu einer improvisierten Gedenkstätte angeordnet. Immer wieder legen Trauernde Blumen nieder, zünden Kerzen an. Alle sind gekommen, um an Tonou Mbobda aus Kamerun zu erinnern.
Der 34-jährige hatte über Ostern Hilfe in der psychiatrischen Klinik des Universitätsklinikums Eppendorf gesucht. Freiwillig befand er sich dort auf der offenen Station. Sein Zustand habe sich dann verschlechtert, heißt es. Die diensthabende Ärztin hat dann laut Hamburger Polizei einen vorläufigen Unterbringungsbeschluss beantragt.
Doch Tonou Mbobda wollte nicht in die geschlossene Station verlegt werden. Und das Medikament, das man für ihn vorgesehen hatte, wollte er auch nicht nehmen. Sein gutes Recht, muss er gedacht haben, schließlich war er freiwillig in diese Klinik gekommen. Noch bevor der Unterbringungsbeschluss vorlag, verließ Tonou Mbobda das Klinikgebäude. Er setzte sich auf den Vorplatz, um eine Zigarette zu rauchen.
Dort wurde er von drei Security-Kräften übermannt, die ihn auf die Station zurückführen sollten. Die Männer fixierten den Patienten gewaltsam, und eine Ärztin spritzte ihm gegen seinen Willen ein Beruhigungsmittel. Tonou Mbobda verlor das Bewusstsein. Noch auf dem Vorplatz versuchte man, ihn wiederzubeleben, und brachte ihn anschließend auf die Intensivstation. Dort wurde er ins künstliche Koma versetzt. Fünf Tage später starb Tonou Mbobda.
In einer Pressemitteilung schildert das UKE den Vorfall mit den folgenden Worten: „Am Sonntag, 21. April, ist es bei der Unterbringung eines hilfsbedürftigen Patienten in der psychiatrischen Klinik zu einem medizinischen Zwischenfall gekommen. Der Patient hatte sich der Anordnung der Unterbringung widersetzt und musste von dem zwischenzeitlich hinzugerufenen Sicherheitsdienst des UKE fixiert werden, als er aus bisher ungeklärten Umständen zusätzliche medizinische Hilfe benötigte. Das begleitende ärztliche und pflegerische Personal hat umgehend die medizinische Versorgung vor Ort eingeleitet und weitere Hilfe angefordert. Der Patient ist am 26. April auf der Intensivstation des UKE verstorben.“
Das ist die offizielle Version von Tonou Mbobdas Tod. Kühl, nüchtern, gefühllos. Doch es gibt noch eine ganz andere Version. Eine Geschichte von Rassismus und Gewalt gegenüber psychisch Kranken. Als Tonou Mbobda von den Sicherheitskräften übermannt wurde, befanden sich mehrere Patienten vor der psychiatrischen Klinik. Diese Menschen waren es auch, die schließlich die Polizei verständigten – und nicht das UKE.
Während der Trauerfeier ergreifen zwei dieser Augenzeugen nun das Wort. Es regnet noch immer, und noch immer kümmert der Regen niemanden. Der erste Augenzeuge sagt: „Die Security hat sich ihn gepackt. Sie sind mit dem Knie auf ihn gesprungen. Haben ihm die Luft abgedrückt.“
Der andere Augenzeuge sagt, er habe Tonou Mbobda als einen friedlichen, freundlichen Patienten kennengelernt. „Er war auf meiner Station“, sagt er. „Hat immer gelacht. An dem Tag hatte er Stress mit dem Pfleger. Er wollte das Medikament nicht nehmen.“ Vor der Klinik hätten ihn dann die drei Mitarbeiter des Security-Dienstes schwer misshandelt. „Alles Glatzen. Kraftpakete. Haben ihn einfach auf dem Boden gehalten. 7 bis 8 Minuten lang geprügelt. Wir haben die Polizei angerufen, wir, und nicht das Krankenhaus.“ Er habe gedacht, Tonou Mbobda sei schon auf dem Vorplatz gestorben, sagt er.
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