Stephan Maus

Susanne Fröhlich: ‘Familienpackung’ (SZ)

In den Fängen des Gschreibsl-Ichs: Susanne Fröhlich schlachtet verzweifelte Hausweiber aus: “Familienpackung” (SZ, 21.10.05)

Susanne! Mensch! Super schaust aus! Kannst du vielleicht grad mal das Tablett mit dem Pflaumenkuchen hier halten? Habe ich selbst gebacken. Laß dich anschauen. Ist der Lippenstift aus diesem neuen iranischen Mail-Order-Versand da? Super. Frisur ist auch neu, oder? Auf dem Umschlag vom „Moppel-Ich“ sah die noch irgendwie so total völlig ganz anders aus. Kürzer, oder? War damals bei dir nicht noch voll so Bubikopf angesagt? Struppi-Style? Nee? Künast-Verbraucherschutzbürste? Superfrech und Landwirtschaftsministerinnen-kommen-nicht-in-den-Himmel-like? Ich dachte. Oder verwechsle ich das mit dem alten Lindwurm Hera? Nee, sorry, jetzt habe ich’s: Bubikopf ist ja Amelie Fried. Gott, die arme Amelie. Vorgestern auf Gaby Hauptmanns Tupperparty getroffen. Der Amelie ihre superengen Jeansjacken sind ja wohl nur noch peinlich. Manchmal sollte man Frauen einfach verbieten.

Aber egal. Diese Frisur sieht wirklich spitze aus. Sexy ohne Ende, dein Installateur wird begeistert sein. Nimmt ein bißchen die Rundung aus dem Gesicht. Wußte ich’s doch: rausgewachsene EU-Butterbergblond-Tönung ist auf den Laufstegen der Buchmesse 2005 einfach nicht mehr zu stoppen. Und diese Omega3-Antioxydationsspülungen sind sowieso der Hit. Geschredderte Lachskiemen sind da drin. Schon schräg. Das Klostein-Blau da ist aber schon deine echte Augenfarbe? Oder haben die mit Photoshop die Augen- auf Umschlagfarbe getrimmt?

Ich bin jetzt mal ganz ehrlich, okay, wir sind hier ja unter verzweifeltem Hauspersonal, und ein bißchen zärtlicher Zickenterror kann nie schaden: Sanne-Schatz-Sweetheart-Candy-Babe, deine Fingernägel finde ich persönlich genau eine Woche zu lang, Sasita-Darling. Passen einfach nicht zu dem züchtigen Kaschmir-Cardigan mit Spitzenbordüre (Laß mich raten: Laura Ashley, 349,90 Euro? Hey, Schnäppchen-Maus!). Die Nägel einer Frau sollen schließlich was über ihren Charakter aussagen. Ob sie ihr Raubtier-Ich gezähmt hat oder eher so animalisch die Klauen in ihren Installateur schlägt. Und da darf man nicht lügen, weiß du. Stand jedenfalls so im Psychotest der letzten Cosmopolitan. Oder war’s in Brigitte? Egal, beide super. Obwohl: Cosmopolitan ist noch ein Dreh besser. Anspruchsvollerer Wellness-Teil und so. Hast du eigentlich diese Slow-Food-Serie aufgehoben? In 80 Ciabatta-Rezepten um die Welt? Kannst du mir die vielleicht mal mailen? Apropos Wellness: Täusche ich mich, oder sind da schon wieder ein paar Kilo runter? Klasse. Siehst du, das Moppel-Ich hast du nun endgültig im Zaum. Glückwunsch. Ging doch.

Aber das Gschreibsl-Ich juckt schon noch ein bißchen unter der abgewetzten Hirnhaut, oder? Jojo-Effekt? Geh, das kriegen wir auch noch in den Griff! Wäre doch gelacht. Ich kenne das mit dem G’schreibsl. Macht supersüchtig. Bringt ja auch irren Spaß. Einfach mal den vorlauten Feng-Shui-Berater heimschicken, mit einem Kresse-Philadelphia-Ciabatta (85,32 Kilojoule) ins Wasserbett, Laptop ins WLAN eingeklinkt und zwei, drei Runden Musen-Tae-Bo. Sich keinen großen Bubikopf machen, sondern Desperate-Housewives-mäßig drauflosgechillt. Einfach mal so fließen lassen. And a bla, and a blablabla. Schon in Ordnung, machen wir desperaten Hauskerle doch genau so. Du mußt dein G’schreibsl-Ich akzeptieren, Suse, liebe Suse, was raschelt im Stroh. Nur, wenn du das G’schreibsl ganz nah an dich heranläßt, wird sich das irgendwann auch wieder legen. Ganz von alleine. Klar, dabei fallen ein paar Dingsda, äh, Bücher an. Aber ist ja jetzt auch nicht sooo schlimm. Irgendein Depp wird die schon drucken.

Was hast du da jetzt wieder rausgerockt? Roman hast du gesagt? Toll. Geil, wie mein Ältester immer sagt. Julian. Hat gerade mit Petting angefangen. Ganz süß. Anyway. Roman ist immer noch das Beste. Obwohl: Anakreontische Schäferdramolette sind auch klasse. Mußt du mal nach googeln. Sitzt die Dolly Buster glaube ich gerade dran. Nee, der Kachelmann war das, sorry. Nicht blöd, dieser aufgeblasene Wetterfrosch. Nächstes Frühjahr bringt Vox nämlich eine anakreontische Telenovella aus Usbekistan, und da heißt es, wer die kaukasische Kuh zuerst melkt, bekommt den größten Käse. Sag mal, weißt du eigentlich, wie weit Petra Gerster und Steffen Seibert mit ihrem „Großen Gürtelrosenratgeber“ sind? Zeig mal schnell her, deinen Roman, ich schau grad mal rein, bevor die kleinen Monster wieder vom Nasenflötenkurs kommen und hier Rambazamba machen: „Hmm. Rosa Rammler, ich komme. Bald. Hoffentlich im doppelten Wortsinn.“

Hmm. Klingt doch klasse. Ich weiß gar nicht, was die alle haben. Wieder an jedem Satz gefeilt, bis der Arzt kommt? Im doppelten Wortsinn? Merkt man sofort. Und um was geht’s in dem Dingsda, äh, Buch? „Wie kriegt man die drei großen K’s – Kinder, Küche und Karriere – mit den drei großen S’ – Spaß, Spitzenfigur und Supersex – unter einen Hut?“ Hey, Sanne, altes Brabbel-Ich! Wie geil ist das denn, bitte schön? Klappentext etwa auch selber geschrieben? Super! Das hört sich ja ganz nach den drei ganz großen T’s der Weltliteratur an: Tussen, Tussen und noch mal Tussen. Suse, liebe Suse, was raschelt im Stroh! Eine Spitzenwucht! Mehr davon: „Der ultimative Stimmungsaufheller für jede Frau.“ Meine ultimative Superrespektsbekundung! Schade, daß ich das als desperater Hauskerl nicht lesen darf. Aber ich freu mich schon voll aufs nächste Dingsda. Äh, Buch.


Susanne Fröhlich: Familienpackung. Roman, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2005, 250 S., 16,90 Euro