Tom Cruise stellt der deutschen Vergangenheit einen internationalen Persilschein aus und beschert uns mit seinem Film “Valkyrie” eine Imagekampagne. Als Dank bekam er jetzt den “Courage-Bambi”
Ein Mann, der als einer der einflussreichsten Intellektuellen des Landes gilt, führt sich auf wie ein Hollywoodgroupie im Hormonrausch: Auf der Bambi-Gala sprach der “FAZ”-Herausgeber Frank Schirrmacher den Schauspieler Tom Cruise in einer Art devotem Heldengottesdienst heilig. Der kluge Kopf aus dem Führungsgremium der “Zeitung für Deutschland” nannte es eine “mutige Entscheidung”, dass Cruise die Stauffenberg-Rolle angenommen habe.
Dazu erklärte Heiner Lauterbach später: “Einen Film zu drehen, dafür 50 Millionen Dollar zu bekommen - ich finde, da gibt es Mutigeres.” Ein Vorgang muss schon sehr gespenstisch sein, wenn ausgerechnet Heiner Lauterbach die treffendsten Worte dafür findet. Ist Schirrmacher nun tatsächlich einfach nur dem Charme und dem Charisma eines der berühmtesten Männer der Welt erlegen? Sicher nicht. Hinter seinem Vorgehen steckt die Strategie eines konservativen Machtmenschen, der die Chance auf eine gesellschaftspolitische Dynamik gewittert hat.
Tom Cruise gibt den guten Deutschen
Deutschland hat einen neuen Erlöser, und der heißt Tom Cruise. Nachdem wir seit mehr als 60 Jahren als Hacken schlagende Nazis durch Hollywood geisterten, beschert uns die Traumfabrik jetzt eine internationale Imagekampagne. Und das für schlappe 4,8 Millionen Euro Filmfördergelder. Mit “Valkyrie” wird Deutschland wieder salonfähig. Als Top Gun Stauffenberg setzt Tom Cruise all den bösen Nazis endlich das Bild des guten Deutschen entgegen.
Zuerst gab es noch Bedenken gegen Cruise. Darf ein Mitglied der verfassungsfeindlichen Sekte Scientology einen deutschen Widerstandshelden spielen? Doch bald musste das Verteidigungsministerium die Waffen strecken und sein Innerstes dem Scientologen öffnen. Wie wurden die Bedenken so schnell überwunden? Dank den vereinten Kräften tapferer Männer. Stauffenberg und Cruise, das ist die Geschichte von der Macht der Männerbünde, vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis heute.
Hauptkraft ist in diesem Fall “FAZ”-Herausgeber Frank Schirrmacher. Immer wieder plädierte er in seiner Zeitung für eine Dreherlaubnis für Tom Cruise. Schließlich sprang ihm noch Oscar-Preisträger Florian Henckel von Donnersmarck bei. In der “FAZ” schrieb der traditionsbewusste Adelsspross ein Cruise-Plädoyer mit dem Titel: “Deutschlands Hoffnung heißt Tom Cruise.”
Cruise, Schirrmacher, Donnersmarck: Autokratische Männerbünde spielten immer eine große Rolle in Stauffenbergs Leben. In den Zwanzigern gehörte der junge Aristokrat zum elitären Zirkel “Geheimes Deutschland” des esoterischen Dichters Stefan George.