Isolde Ohlbaum hat so ziemlich jeden berühmten Schriftsteller fotografiert: Ob Peter Handke, Hans Magnus Enzensberger oder Friedrich Dürrenmatt - alle wollten sich von ihr ablichten lassen. Nur einer will partout nicht. Und ein anderer hatte Angst. Ein Gespräch über Schriftsteller, Klofrauen und die Frage, ob man die Seele fotografieren kann
Lassen Sie sich gerne fotografieren?
Ich hasse es.
Warum?
Es gab Fototermine, wo ich mir vollkommen ausgeliefert vorkam. Manchmal wurde überhaupt nicht mit mir gesprochen. Für mich ist das Gespräch das Wesentliche.
Ist das Gespräch Ihr Betäubungsmittel?
Nein. Es ist Interesse. Ich möchte etwas erfahren über die Person. Ich bereite mich zwar vor, aber das ist nur eine Basis. Ich habe ja auch die spannendsten Leute vor der Kamera.
Wären Sie selbst gerne Schriftstellerin?
Nein. Manchmal schreibe ich meine Vor- oder Nachworte selbst. Da leide ich richtig. Ich hätte einen viel zu hohen Anspruch. Außerdem bin ich ein eher ungeduldiger Mensch. Das würde mir viel zu lange dauern. Bei der Fotografie ist das Ergebnis schneller sichtbar. Aber das eine ist mit dem anderen eigentlich nicht vergleichbar. Schriftsteller-Porträts
Sie haben Tausende von Autorenporträts gemacht. Gibt es jemanden, der sich gesträubt hat?
Patrick Süskind. Es gab die schöne Idee, ihn für mein neues Buch “Bilder des literarischen Lebens” zu fragen, ob er nicht formulieren will, warum er sich nicht fotografieren läßt. Aber er meinte, das wäre zu eitel.
Noch jemand, der sich geweigert hat?
Botho Strauss. Irgendwann habe ich es dann nicht mehr probiert. Wir hatten lediglich 1984 einen Fototermin in einem Münchner Hotel. Aber niemand muss sich von allen fotografieren lassen. Die Zahl der Autorenfotos ist ja geradezu explodiert.
Träumen Sie davon, Pynchon oder Salinger zu fotografieren?
Ja, ein schöner Traum. Die NZZ hat mich einmal gefragt, ob ich auf gut Glück mit zu Gabriel García Márquez kommen würde. Das war mir dann doch ein zu großes Risiko. So etwas mache ich nicht. Ich würde nicht einmal Patrick Süskind heimlich von hinten fotografieren. Wenn jemand nicht will, dann eben nicht. Ich bin ja kein Paparazzi. Mir ist das Einverständnis wichtig.