Stephan Maus

Vulva - Das verschwiegene Sexorgan

Mit ihrer Kulturgeschichte der Vulva verpasst Mithu Sanyal dem Romanerfolg “Feuchtgebiete” von Charlotte Roche einen theoretischen Überbau. Im Gespräch mit stern.de klärt die Autorin auf über gefährliche Sichtweisen und den verheerenden Dreier Sex, Macht und Worte

Frau Sanyal, wenn Ihre Vagina sprechen könnte, was würde sie sagen?

Ich hoffe, dass man sich gut mit ihr unterhalten könnte.

Der erste Satz Ihrer Vagina?

Nimm mich wahr.

Wie nennen Sie Ihre Vagina?

Vulva.

Was ist denn der Unterschied zwischen Vulva und Vagina?

Die Vulva ist das sichtbare weibliche Genital. Die Vagina ist die Verbindung zwischen den sichtbaren und den inneren Sexualorganen. Irgendwann habe ich gemerkt: Halt, ich selber verwende das falsche Wort für mein eigenes Sexualorgan. Im 17. Jahrhundert haben sich Anatomen überlegt: “Wofür ist das Ding gut? Damit der Mann da sein Schwert rein steckt. Also nennen wir es Scheide - Vagina auf Latein.” Damit wurde das sichtbare Genital unsichtbar. Und es hatte keine eigene Funktion mehr. Es war nur eine Scheide für ein Schwert. Es existierte nur im Verhältnis zum männlichen Sexualorgan.

Warum soll man jetzt plötzlich Vulva statt Vagina sagen?

Ich würde ja auch nicht zu Ihrem Penis Hoden sagen. Wenn ich es richtig bezeichne, gestehe ich ein, dass es existiert. Auch medizinisch ist es nicht erforscht. Die Nervenbahnen, die die Erregung vom Hirn zur Vulva transportieren, sind nicht genau untersucht. Das hat geschichtliche Gründe.

(Vollständiges Interview auf stern.de)