Stephan Maus

ICH BIN 3000 DATEIEN: Meine Facebook-Sucht, meine Daten und Cambridge Analytica (stern)

Seit zehn Jahren verrät unser Autor Facebook fast alles über sich. Doch wie gut kennt Mark Zuckerberg ihn wirklich? Stephan Maus hat sich seine gesamten Daten aus dem Sozialen Netzwerk heruntergeladen - und sich darin selbst gesucht

Hallo, lieber Leser. Unserem geliebten Facebook geht es nicht gut. Das müssen wir ändern. Poste all Deine sexuellen Vorlieben, Deine schlimmsten Kindheitserinnerungen, Deine bewegendsten Nacktbilder, Deine geheimsten Putschpläne. Jetzt die Facebook-Aktie in die Gewinnzone posten! Tagesziel: 5 Prozent.

Tut auch gar nicht weh. Ist auch gar nicht so schlimm. Ist das T-Shirt erst gefallen, fällt der Striptease erstaunlich leicht. Ich seh’s ja an mir selbst. Für einen Like einer meiner 3500 Freunde bin ich inzwischen bereit, praktisch alles zu tun. Neulich hätte ich sogar fast ein Foto von meiner Tochter gepostet. Sie sah so lustig aus in ihrem vereisten Wintermantel mit einem Haufen Schnee auf dem Kopf. Immerhin sah man sie nur von hinten. Trotzdem: das Foto des eigenen Kindes auf Facebook! Wie krank muss man sein?

Ich bin da so reingerutscht. Wie man halt reinrutscht in eine Sucht. Alkohol, Kokain oder die Sucht nach dem bunten Kolibri unserer Träume, dem man im frischen Tau der frühen Morgenstunden hinterherjagt, weil man sehen will, wie der kleine, irrlichternde Federball im transparenten Glast der aufgehenden Sonne schimmert.

Entschuldigung, ich schweife ab. Kann mich grad nicht konzentrieren. Musste eben schnell einen russischen Porno-Bot in meine Freundesliste aufnehmen. Ich liebe diese schüchtern lächelnden Beauty-Queens aus Wolgograd, Kasachstan oder Omsk. Beruhigend flackernde Lichter in meinem düsteren Alltag.

Jetzt, wo die Datenanalysten von Cambridge Analytica unser geliebtes Facebook an den Abgrund bringen, wollte ich mir meine digitale Vergangenheit einmal näher anschauen. Meine Suchtgeschichte hat nämlich gerade 10-jähriges Jubiläum. Guter Anlass, in alten Erinnerungen zu schwelgen und nachzuschauen, was genau von mir eigentlich auf den Servern des Sozialen Netzwerkes alles gespeichert ist. Also habe ich mir alle Daten heruntergeladen, die Facebook von mir besitzt.

(Vollständige Geschichte auf stern.de)