Ein deutscher Aussteiger hat mit Freunden Boris Beckers ehemalige Finca besetzt. Ein Hausbesuch
Aus Boris Beckers Konkurs-Chaos steigt jetzt der Weltfrieden auf. Eine grelle Hausbesetzerbande lagert rund um eine alte Bergeiche, die inmitten des mallorquinischen Anwesens steht, das einmal dem Tennis-Star gehörte. Aber was heißt “gehörte”: Niemand durchdringt die Besitzverhältnisse hier.
Die Sonne flirrt. Mal tschilpt ein Vogel, mal ratscht ein Feuerzeug, willst du einen Zug, Bruder? Vergebens müht sich der Rosmarin, die Marihuanaschwaden in einen Tarnmantel zu hüllen.
Strategisches Chillen
Vor etwa drei Wochen ist hier Jesus Bruder Bauchi hereinspaziert. Eigentlich heißt er Georg Berres. Seit Jahren besetzt der Würselener Häuser auf Mallorca. Nun lagert er mit seiner engsten Gefolgschaft auf der riesigen Liegenschaft, über 21 Hektar würzig duftendes Unkraut zwischen Feigen- und Olivenbäumen.
“Intergalaktisches Hilfs- und Rettungskommando”, kurz IHR, nennt der 44-Jährige seine Truppe. Etappenziel: verwahrlosende Immobilien wieder nutzbar machen. Endziel: Weltfrieden schaffen. Taktik: strategisches Chillen. Die Aussteiger lagern mal im Schatten, mal in der Sonne, lächeln sich an und schmieden Pläne. Gerade geht es um die Stromversorgung. Kai schlägt vor, lokale Solarunternehmen zu fragen, ob sie das Besetzerprojekt unterstützen wollen.
Normalerweise präsidiert Bauchi hier so relaxed wie der gütige König von Taka-Tuka-Land. Nun aber fährt ein Ruck in Seine Bauchigkeit. Lokale Unternehmen? Bauchi winkt ab und sagt: “Ich will Solarenergie von Elon Musk. Der soll uns hier eine mobile Solareinheit hinstellen. Wir haben einen großen Kuchen zu verteilen. Jetzt ist nicht der Moment, irgendwelchen Kleinkram zu machen.” Bauchi hält inne, denkt nach und sagt dann etwas leiser: “Ich bräuchte bloß mal endlich seinen Kontakt.”
So geht es Stunde um Stunde. Bauchi hat das Prinzip Cornern – das absichtslose Herumlungern – zum Motor der Weltrevolution erhoben. Insgesamt fühlt sich das Leben hier ein bisschen an wie Schnittabfall einer “Big Brother”-Folge.
Manchmal wird Bauchi von unzähmbarer Energie durchflutet. Dann konzentriert er sich. Bauchi beschreibt das so: “Ich nehme den Controller über meinen eigenen Geist in meine Hände und steuere ihn genau dahin, wo ich ihn hinhaben will.” Meist steuert er seinen Geist dann in Richtung eines schlabbrigen Plastikbesens und versenkt sich in Kehrmeditation.
Hippie-Guru auf Boris Beckers Finca
Gleich nachdem er die Finca besetzt hat, ist er erst einmal zum chinesischen Supermarkt gefahren und hat sich für ein paar Euro diesen Besen gekauft. Das ist jetzt sein “Nimbus 2000”. Bauchi liebt es zu kehren. Kehrmediation hat Bauchi aus Michael Endes Roman “Momo”. Die Figur des Beppo Straßenkehrer ist eine seiner wichtigsten Inspirationsquellen. Immer schön Stück für Stück fegen, dabei nie ans große Ganze denken. Nur so bekommt man etwas geschafft. Kehren gibt Kraft. Fast schon übernatürliche Kraft.
Vor einigen Tagen zum Beispiel stand der Sender Sat 1 vor der Tür. Die Reporter hatten ein paar betrunkene Jungs vom Ballermann mitgebracht, die sollten für schrille Bilder mit dem Hippie-Guru auf der Becker-Finca sorgen. Bauchi hat sie rundgemacht. Sie sind abgezogen wie begossene Pudel. “Für mich sind so was Prüfungen. So was meistere ich”, sagt Bauchi.