Vor 41 Jahren reiste der stern-Journalist Jörg Andrees Elten für eine Reportage in den Aschram des indischen Gurus Bhagwan. Aus dem Reporter wurde ein Jünger. Ich habe nachgeschaut, was aus dem Aschram wurde
Wildes Getrommel erfüllt die riesige Pyramide aus schwarzem Marmor. Breitbeinig stehe ich unter dem spitzen Giebel, zucke, zappele, schnaufe durch die Nase wie ein erkälteter Wasserbüffel auf Koks. “Unregelmäßig schnaufen!”, sage ich mir, wichtig, denn nur chaotische Hyperventilation setzt mein Hirn außer Kraft und befreit mein Unterbewusstsein. Ich reiße meine Arme hoch und runter, als würde ich verzweifelt eine kosmische Kuh melken.
Gong. Ich raste aus. Brülle wie ein Tier. Erst spiele ich den Wahnsinn, dann kommt er über mich. Eine riesige Spinne krabbelt auf mich zu. Ich will ausweichen, aber ich soll Zeuge meiner Visionen sein. Ich stelle mich der Spinne. Schleudere ihr meine Fäuste entgegen, schreie. Ich torkele gegen einen Meditationsstuhl. Das Krachen reißt mich aus meinen Visionen.
Benommen trete ich aus der Pyramide. Die Adepten um mich herum nehme ich kaum wahr. Aus meiner Robe steigt der Duft von Schweiß und Anti-Moskito-Chemie. In den tropischen Baumriesen hängen dackelgroße Fledermäuse. Hin und wieder Gezeter, dann lösen sich zwei Vampire von ihrem Ast und segeln lautlos um die Pyramide. Gespenstische Wächter eines irrwitzigen Kults.
Guten Morgen, all ihr Sektenbeauftragten dieser Welt. Ich kann fliegen.
Sieben Uhr in der Früh. Ich habe eine Stunde “Dynamische Meditation” im Großen Auditorium hinter mir. Dieser kollektive Amoklauf in der Marmorpyramide ist das Herzstück aller Exerzitien, die der indische Guru Bhagwan der Nachwelt hinterlassen hat. Köstliche Erschöpfung. Meisterhaft beherrschte Bhagwan die Techniken der Ich-Zertrümmerung. Ich absolviere ein siebentägiges “Living-In-Programm” im “Osho International Meditation Resort” in Pune, einer chaotisch pulsierenden Millionenstadt 150 Kilometer südöstlich von Mumbai, die früher einmal Poona genannt wurde.